Der Neuenburger Untersuchungsrichter Pierre Cornu untersuchte 1991 im Auftrag des Bundesrates die Beziehungen zwischen dem Spezialdienst/Projekt 26 (P-26) und ausländischen Stay-Behind-Vorbereitungen. In diesem Zusammenhang wird häufig kritisiert, dass die Briten mehr gewusst hätten als der Schweizer Bundesrat. Dieser Eindruck mag bei der Lektüre des Berichts entstehen, er ist jedoch nicht zutreffend. In der Juni-Ausgabe der Zeitschrift Schweizer Soldat wurde kritisiert, dass die Briten zu viele Details gekannt hatten, so etwa die Lage der Abwurfzonen. Hierzu sind einige Ausführungen angebracht:
Bei den Abwurzonen in der Schweiz, von denen die Briten Kenntnis hatten, handelte es sich um Schulungsbeispiele und nicht um für den Besetzungsfall vorgesehen Abwurfzonen. Diese Zonen waren bei der Auflösung 1990 noch gar nicht festgelegt gewesen. Es gab keine Absprachen mit Grossbritannien über die Versorgung der besetzten Schweiz aus der Luft. Ob es dazu gekommen wäre, hätte sich erst im Besetzungsfall gezeigt – ebenso, wo dann die entsprechenden Abwurfzonen gewesen wären. Im Projekt 26 darum, den Feldmitgliedern die Fähigkeit zu vermitteln, geeignete Abwurfzonen zu rekognoszieren und zu bedienen.
Der Neuenburger Untersuchungsrichter Pierre Cornu legte 1991 einen umfangreichen Bericht vor, der viele bis anhin unbekannte Details enthält. Er ist für die Geschichtsforschung umso wichtiger, als immer wahrscheinlicher scheint, dass entgegen der Vorschriften, alle Unterlagen (Gesprächsprotokolle und Dokumente) der Administrativuntersuchung vernichtet worden sind. Dadurch wird es schwierig, quellenkritisch die Aussagen zu überprüfen. Bei allen Stärken weist der Bericht aber auch einige Schwächen oder gar Fehler auf. Als Schwäche anzusehen ist beispielsweise die fehlende Einordnung einzelner Aussagen, wodurch die Kritik erst möglich wurde. Das trifft insbesondere auf seine Beanstandungen zu.
Beispielhaft die Abwurfzonen: Während die Schweiz keine Erfahrung hatte mit der Versorgung besetzter Gebiete aus der Luft, konnten die Briten hier ihr Wissen einbringen: Was macht eine gute Abwurfzone aus? Wie ist eine solche Abwurfzone am Boden zu markieren, damit in der Nacht im Schutze der Dunkelheit aus einem Flugzeug Material abgeworfen werden kann? Wie müssen die Güter konfektioniert sein, damit sie sicher und am richtigen Ort zu Boden gehen? Etc. Die Instruktoren konnten in Grossbritannien entsprechende Kurse besuchen und Wissen erwerben. Anschliessend ging es darum, das Gelernte in der Schweiz umzusetzen und anzuwenden. Anlässlich eines Besuchs der Briten in der Schweiz zeigten die Instruktoren, was sie gelernt hatten. Selbstverständlich wählten sie dazu nicht etwa „scharfe“ Abwurfzonen der Widerstandsregionen aus, sondern Schulungsbeispiele, die man auch in der Schweizer Ausbildung einsetzte. Man darf dabei nicht vergessen, dass zu diesem Zeitpunkt nur ganz wenige Widerstandsregionen so weit ausgebaut waren, bereits mögliche Abwurfzonen rekognosziert waren.
Die Abwurfzonen hatten eine dreifache Funktion:
1.) Dezentralisierung des Materials: Hätte das eingelagerte Material im Ernstfall nicht mehr rechtzeitig mit dem Auto aus den Zentrallagern in die Regionen transportiert werden können, so hätten entferntere Regionen aus der Luft versorgt werden können (vermutlich nicht zufällig gibt es in der Nähe der vier Zentrallager Flugplätze).
2.) Transport von Material aus einer Region in eine andere, beispielsweise aus unbesetztem Gebiet ins besetzte Gebiet.
3.) Versorgung von aussen (vgl. Résistance in Frankreich) im Hinblick auf eine Wiederbefreiung der Schweiz.
Die im Frieden bezeichneten Abwurfzonen dienten primär für den Punkt 1. Wichtiger war die Fähigkeit, geeignete Abwurfzonen zu rekognoszieren und vorzubereiten. Welche Zonen im Besetzungsfall geeignet gewesen wären, hätte sich sowieso erst gezeigt, wenn es soweit gewesen wäre.
Selbstredend zeigte man den Briten auch nicht die tatsächliche Lage der einzelnen Regionen und nutzte teilweise auch andere Decknamen (besonders für Feldmitglieder).
Obige Ausführungen erschienen als Leserbrief in der Juli-Ausgabe im Schweizer Soldat.