Votum zum Fusionsvertrag zwischen Brugg und Schinznach-Bad

Am 1. Dezember 2017 debattierte der Brugger Einwohnerrat über den Fusionsvertrag zwischen Brugg und Schinznach-Bad. Nachstehend mein Votum:

Die heutige Einwohnerratssitzung ist interessant. Für einmal haben wir ein Thema zu behandeln, das nicht handfest, nicht so konkret ist. Bei Schulhausbauten kann jeder mitreden, jeder hat schliesslich die Schule besucht. Auch wenn ein Regenbecken zur Diskussion steht, kann sich jeder etwas darunter vorstellen. Die Fusion, über die wir jetzt diskutieren, ist aber relativ abstrakt und betrifft die Zukunft. Wir wissen alle nicht, was die Zukunft uns bringt, wir können aber einen Blick zurück werfen und überlegen, was in der Vergangenheit geschah.

1901, wir haben es gehört, haben Brugg und Altenburg fusioniert. Brugg war zu einem grossen Teil gegen die Fusion: Altenburg hatte ja nicht einmal fliessendes Wasser in den Haushaltungen! Altenburg hatte gar keinen Strom! Wir in Brugg hatten das. Altenburg hatte nicht den gleichen Bürgernutzen wie die Stadt Brugg! Wie sollten wir mit so jemandem fusionieren wollen? Diese Probleme waren 1900/1901 sehr wichtig und handfest. Und wir konnten sie lösen, heute existieren sie nicht mehr. Auch was wir heute gehört haben – das sind tatsächlich Probleme. Wenn ein Kind von Schinznach-Bad nach Lauffohr in die Schule muss, dann ist das heute ein Problem. Aber in einer gemeinsamen Gemeinde könnte man sich eine durchgehende Buslinie von Schinznach-Bad bis Lauffohr überlegen. Schon entfiele das Umsteigen am Bahnhof. Es gibt für jedes Problem, von dem wir heute gehört haben, eine Lösung. Die Frage ist, ob der Willen vorhanden ist, sie auch an die Hand zu nehmen.

Wir sprachen über das Thema Schule. Wenn ich bedenke, wie viele Vorstösse zum Thema Schule derzeit im Grossen Rat pendent sind, können wir keinerlei Prognosen machen, wie die Schule in fünf Jahren aussehen wird. Auf der einen Seite gibt es die Forderung, die gesamte Schulzeit um 1 Jahr zu reduzieren. Der Regierungsrat schlägt im Rahmen der Sparmassnahmen vor, dass die Bezirksschule um 1 Jahr gekürzt und die Schüler früher an die Kantonsschulen übertreten werden. Dies hätte grosse Konsequenzen für Schinznach-Dorf, für Brugg, für Windisch – für alle Bezirksschulstandorte. Wir planen mit dem Status Quo und überlegen uns, was das für die Zukunft bedeutet. Betrachtet man die Zahlen der Bezirksschule Schenkenbergertal, stellt man fest, dass die Schule momentan nur dank einer Ausnahmebewilligung des Kantons geführt werden kann. Nehmen die Schülerzahlen nicht bald zu, hat die Schule ein Problem. Was gibt es für Lösungsmöglichkeiten? Wie wir vorhin hörten, liegt Auenstein weit weg. Man könnte sich über legen, die Bezirksschule Brugg an zwei Standorten zu führen, die verwaltungstechnisch ein Gebilde sind. Es geht darum, Lösungen zu entwickeln, die jetzt vielleicht noch nicht auf dem Tisch liegen. Dieses Thema steht und fällt nicht mit der Fusion mit Schinznach-Bad. Vielleicht verschärft die Fusion die Problematik etwas, aber das existierende, vom Kanton geortete Problem bleibt sich gleich. Daran sind wir nicht schuld. Alle Probleme, von denen wir heute gehört haben, lassen sich mit etwas gutem Willen längerfristig lösen.

Die Frage ist, wohin wir uns längerfristig bewegen wollen. Immer weniger Menschen identifizieren sich mit ihrer Gemeinde. Das gilt für uns hier sicher nicht, uns ist die Gemeinde sehr wichtig und gerade darum haben wir vielleicht Vorbehalte gegen die Fusion mit Schinznach-Bad. Aber wenn wir sehen, dass immer weniger Menschen die Gemeinde als Identifikationspunkt wahrnehmen, müssen wir uns vielleicht überleg en, was die Gemeinde heute für einen Stellenwert hat und was sie zukünftig für einen hab en wird. Aus meiner Sicht gilt es zwei Funktionen zu unterscheiden: Zum einen die Gemeinde als politischer Rahmen, zum anderen die Gemeinde als soziales Umfeld. Das muss nicht deckungsgleich sein. Nehmen wir die Politik. Wir haben hier auch schon diskutiert, warum ein neuer Busbahnhof Süd erstellt und, weil er auf Brugger Boden steht, finanziert werden soll, wenn ihn doch kein Brugger nutzt. Das Gleiche könnte man über den Busbahnhof Nord sagen. Dort kommen die Postautos aus Schinznach-Bad an. Wenn Schinznach-Bad zu Brugg gehört beteiligen sich die Steuerzahler, welche den Bus auch benötigen, an der Finanzierung. Die Zentrumslasten der Stadt – wir leisten uns ein Hallenbad, wir haben einen Bahnhof und weitere Zentrumslasten – werden bei einer Fusion auf mehr Schultern verteilt. Ich bin überzeugt, dass auch Schinznach-Bader das Kulturangebot der Stadt nutzen. Zurzeit beteiligen sie sich aber finanziell nicht daran, das Angebot wird von den Steuerzahlern aus Brugg finanziert. Mit einer Fusion wären die Schinznach-Bader Teil der Stadt und würden etwas an das Angebot beitragen. Die Zentrumslasten können auf mehr Schultern verteilt werden, vor allem auch auf Schultern, die davon profitieren. Es gibt Schinznach-Bader, die im Augenblick Mühe mit der Vorstellung bekunden, in einigen Jahren in Brugg zur Schule gehen zu müssen. Aber fragen Sie einmal die Vereine: Haben wir in unseren Vereinen keinen einzigen Jugendlichen aus Schinznach-Bad? Orientieren sie sich nur Richtung Schenkenbergertal, nutzen nur das dort existierende Vereinsangebot und wollen nicht mit der Stadt in Kontakt sein? Das ist sicher nicht der Fall. Wir haben in unseren Vereinen auch Jugendliche aus Schinznach-Bad. Und wenn diese für die Vereinsaktivitäten nach Brugg fahren können, können sie dies auch für den Schulbesuch tun. Für jene, die noch unsicher sind, möchte ich noch einen letzten Punkt erwähnen. Der Rat diskutiert über den Vertrag, aber wir haben nicht das letzte Wort. Erstens hängt es davon ab, wie Schinznach-Bad heute Abend entscheidet. Zweitens bedeutet ein Ja lediglich, dass die Vorlage den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern der Stadt Brugg unterbreitet wird. Letzten Endes entscheidet der Souverän über ein Ja oder ein Nein zum Zusammenschluss. Stimmen wir heute Abend Nein, so entziehen wir unseren Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern das Recht, bei dieser wesentlichen Frage mitzuentscheiden.

Ich bitte den Rat deshalb, dem vorliegenden Fusionsvertrag zuzustimmen.

Link zum offiziellen Protokoll der Einwohnerratssitzung vom 1. Dezember 2017

Bericht in der Aargauerzeitung vom 2. Dezember 2017